Das Land am Nil
Ägypten (offiziell die Arabische Republik Ägypten) ist ein Staat im nordöstlichen Afrika; die zu Ägypten gehörende Sinai-Halbinsel wird im allgemeinen zu Asien gezählt. Ägypten hat durch seine hohe Bevölkerungsanzahl von über 80 Millionen eine enorme politische und kulturelle Ausstrahlung in der arabischen Welt. Mit dem Suezkanal liegt in Ägypten eine Wasserstrasse mit herausragender Bedeutung für die Weltwirtschaft, er verbindet das europäische Mittelmeer mit dem Indischen Ozean. Ausserdem hat das Land eine Grenze mit Israel und damit mit der schwierigen Krisenregion des Nahen Ostens.
Wichtigste Lebensader Ägyptens ist der Nil, der hier ins Mittelmeer fliesst. Bereits um 3000 vor Christus entstand hier eine der frühen Hochkulturen der Alten Welt. Das Land der Pharaonen faszinierte Griechen und Römer und auch die spätere europäische Kultur, vor allem nach grossen Forschungsunternehmen im 19. und 20. Jahrhundert.
Mit der Eroberung um 640 kam das christlich gewordene Land in den islamischen Kulturkreis. Nachdem es lange Zeit von der Dynastie der Osmanen beherrscht worden war, wurde Ägypten im 19. Jahrhundert eine britische Kolonie. Die Selbstständigkeit 1922 erlebte es als Königreich, bis 1952 ein Putsch eine Regierung an die Macht brachte, die im wesentlichen vom Militär abhängig ist.
Seit dem Rücktritt (Sturz) des Präsidenten Muhammad Husni Mubarak am 11. Februar 2011 regiert der Militärrat unter der Führung von Mohammed Hussein Tantawi. Das Kabinett Schafiq ist weiter im Amt.
Landesname
Der altägyptische Landesname bedeutet „Schwarzes Land“ und bezieht sich auf die fruchtbaren Böden des Niltals im Gegensatz zum „Roten Land“ der angrenzenden Wüsten, dem DSr.t. Im Koptischen wurde daraus Kimi, im Altgriechischen schliesslich Kymeía.
Der arabische Begriff Mir, heute der offizielle Staatsname, ist semitischen Ursprungs. Er ist der ursprünglichen assyrischen Schreibweise Miir/Muur sehr ähnlich, aber auch mit dem hebräischen Mitzráyim verwandt. Er bedeutet schlicht „Land“ oder „Staat“, wobei historisch damit Unterägypten (Das untere Land) gemeint war und später auf das gesamte Land (Unter- und Oberägypten) übertragen wurde. Dies kommt auch in der späteren hebräischen Bezeichnung als Dual-Begriff zum Ausdruck. Im ägyptischen Dialekt des Arabischen wird aus Mi?r allerdings Ma?r und schliesslich ma?ri für „ägyptisch“, der häufige Beiname al-Masri bedeutet daher „der Ägypter“. In der Achämenidenzeit führte Ägypten als Satrapie den altpersischen Namen Mudraya.
Die europäischen Begriffe Egypt, Ägypten, Égypte, Egitto etc. stammen von dem lateinischen Aegyptus und damit letztlich vom altgriechischen Aigyptos ab. Die Kopten beanspruchen für sich, die direkten Nachfahren der altägyptischen Bevölkerung der Pharaonenzeit zu sein. Aus ihrem Namen entstand das griechische aigyptos, das im Deutschen zu Ägypten wurde. Nach einer verbreiteten Theorie stellt Aigyptos einen altägyptischen Ausdruck dar, der Sitz der Seele des (Gottes) Ptah“ bedeutet und womit auf einen Ptah-Tempel in Memphis angespielt wird.
Geographie
Nil bei Luxor
Die Lebensader Ägyptens ist der Nil, dessen Quellfluss Kagera im Gebirgsland von Burundi entspringt und auf etwa 1’550km Länge Ägypten von Süden nach Norden durchfliesst, bevor er durch das 24’000km² grosse Nildelta in das Mittelmeer mündet. Abgesehen von einigen Oasen und kleinen Häfen an den Küsten bieten allein sein Wasser und seine fruchtbaren Uferregionen die Grundlage für Anbau und Besiedlung. Diese Fläche macht etwa fünf Prozent des Territoriums aus. Das Staatsgebiet lässt sich in sieben naturräumliche Einheiten untergliedern:
Im äussersten Süden liegt der zu Nubien und Oberägypten zählende Abschnitt des Niltals zwischen Abu Simbel und Assuan, der heute vom Nassersee eingenommen wird. Im weiteren Verlauf hat sich der Nil kastenförmig in die Kalksteintafel der Wüste eingeschnitten. Vom Austritt des Flusses aus dem Nassersee bis nach Kairo bildet das Niltal eine bis zu 25 km breite, fruchtbare Fluss-Oase.
In Unterägypten, nördlich von Kairo, gabelt sich der Nil in zwei Hauptmündungsarme zwischen Rosette und Damiette und bildet eine rund 23.000 km² umfassende, intensiv bewirtschaftete Deltalandschaft aus abgelagertem Nilschlamm, durchzogen von zahllosen kleineren Mündungsarmen, Kanälen und Bewässerungsanlagen.
Die westlich des Nils gelegene Libysche Wüste nimmt als weites, flaches Schichttafelland rund zwei Drittel der ägyptischen Staatsfläche ein. In ihrem Norden liegt das relativ niedrige Libysche Plateau, das in Ägypten bis zu 241 m Höhe erreicht. Südöstlich davon senkt sich das Gelände in der von Salzsümpfen erfüllten Kattarasenke auf bis zu 133 m unter dem Niveau des Meeresspiegels ab, im Südwesten steigt die Wüste bis auf 1.098 m an. Im übrigen unterbrechen nur einzelne Becken und Niederungen mit den Oasen von Siwa, Bahariyya, Farafra, Dachla und Charga die von Norden nach Süden rund 1.000 km lange eintönige Sand- und Dünenlandschaft. Rund 100 km südwestlich von Kairo befindet sich das 1.827 km² grosse Fayyum-Becken, eine beckenartige Oasenlandschaft, in deren Nordteil sich der 230 km² grosse Qarun-See befindet.
Im Gegensatz dazu wird die östlich des Nils gelegene Arabische Wüste von einem durch Wadis stark zerfurchten Gebirgszug beherrscht, der im Mittelabschnitt mehr als 2.000 m Höhe erreicht. Die Arabische Wüste ist der westliche Abschnitt einer Aufwölbungszone, deren zentraler Teil im Tertiär eingebrochen ist und heute den über 1.000 m tiefen Graben des Roten Meeres bildet. Dieser wiederum ist ein Teilstück des Syrisch-Afrikanischen Grabenbruchsystems.
Auf der Sinai-Halbinsel findet die Aufwölbungszone ihre Fortsetzung. Hier erhebt sich mit dem Jabal Katrina (Katharinenberg) (2.637 m) der höchste Berg Ägyptens. Der Golf von Sues und der Golf von Aqaba umklammern die Halbinsel von Süden her. Durch den 161 km langen Sueskanal besteht eine Verbindung zwischen Rotem Meer und Mittelmeer.
Vom Nildelta abgesehen, säumen meist flache Dünen die ägyptische Mittelmeerküste. Dagegen sind die Küstenbereiche am Roten Meer schroffer – die Gebirgszüge reichen häufig bis nahe an das Meer heran. Aufgrund der hohen Wassertemperatur sind hier vielfach Korallenriffe vorgelagert.
Klima
Ägypten liegt innerhalb des nordafrikanischen Trockengürtels mit sehr wenig Niederschlägen, sowie beträchtlichen saisonalen und täglichen Temperaturschwankungen. Nur der nördliche Küstenstreifen und das Nildelta sind mit Winterniederschlägen zwischen 100 und 200mm mediterran beeinflusst; südlich von Kairo dagegen regnet es äusserst selten. Die mittleren täglichen Temperaturmaxima liegen im Januar zwischen 20 °C (Port Said, Kairo) und 24 °C (Assuan), wobei es nachts sehr stark abkühlen kann. Im Juli erreichen die Tagestemperaturen 31 °C (Port Said), 35 °C (Kairo) und 41 °C (Assuan), doch ist die grosse Hitze wegen der geringen relativen Luftfeuchtigkeit von etwa 30 % (im Sommer) gut zu ertragen. Von März bis Juni weht der heisse Chamsin, ein aus Süden kommender Sand- und Staubwind. An der Küste des Roten Meeres ist das Klima etwas gemässigter mit weniger heissen Sommern (um 35 °C) und milden Wintern (auch nachts nur selten unter 10 °C).
Dank der Grösse des Landes lassen sich fünf detailliertere Klimagebiete beschreiben:
Die etwa 700 km lange Mittelmeerküste und das Nildelta zeichnen sich durch milde Winter und sehr warme Sommer aus. Im Winter bewegen sich die durchschnittlichen Tagestemperaturen bei 17–20 °C, während sie in der Nacht auf etwa 8–11 °C fallen. Dazu gibt es für ägyptische Verhältnisse mit bis zu 200 mm bedeutenden Niederschlag – das entspricht rund 30 jährlichen Regentagen in der Region um Alexandria, fast alle davon im Winter. Das Frühjahr ist warm und trocken, ebenso der Herbst, wobei die höchsten Temperaturen im Frühjahr und nicht im Hochsommer gemessen wurden (42–45 °C). Im Sommer wird es sehr warm mit Tageswerten von 28–32 °C beziehungsweise 19–24 °C in der Nacht. Es gibt demnach geringe Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht und es fällt kein Niederschlag mehr. Die Luftfeuchtigkeit ist das ganze Jahr über relativ hoch (60–75 %), was die Luft oft heisser empfinden lässt als sie ist. Das Meer lädt im Sommer mit Werten von bis zu 28 °C zum Baden ein, im Winter kühlt es auf 16–18 °C ab.
Das untere Niltal, das sich grob als von Kairo bis Asyut reichend einteilen lässt, ist ebenfalls von milden Wintern geprägt, die Sommer sind allerdings heisser als im Nildelta und an der Mittelmeerküste, und es gibt ganzjährig kaum Niederschlag (5–30 mm). Die Luftfeuchtigkeit ist mit 40–60 % ebenfalls merklich geringer. An Wintertagen klettert die Quecksilbersäule meist auf 18–22 °C, um in den Nächten auf kältere Werte als an der Küste zu fallen (4–9 °C). Mit grossen Temperaturunterschieden zwischen Tag und Nacht ist sogar Morgenfrost möglich. Frühjahr und Herbst sind kürzer und wärmer als an der Küste, die Sommer länger und heisser mit Temperaturen von 34–37 °C am Tag und 20–22 °C in der Nacht. Die Spitzenwerte belaufen sich auf bis zu 48 °C.
Das obere Niltal teilt die klimatischen Eigenschaften mit den östlich und vor allem westlich davon gelegenen Wüstengebieten und Oasen. Die Winter sind ebenfalls mild (19–22 °C) mit kühlen Nächten (5–10 °C). Frühjahr und Herbst sind sehr kurz und warm, die Sommer lang (Ende April bis Ende Oktober), heiss und staubtrocken. Die durchschnittlichen Tageswerte erreichen 38–42 °C, die Nachtwerte 22–26 °C. Die Luftfeuchtigkeit ist ganzjährig eher gering (15–50 %), begleitet von beinahe völliger Niederschlagslosigkeit. In Städten wie Assuan, Luxor oder Dakhla misst man in der Regel 0–2 Regentage im Jahr. Hitzewellen können Temperaturen von über 50 °C bewirken.
Die Küstengebiete am Roten Meer kennen milde bis warme Winter mit sehr moderaten Temperaturen: kaum unter 20 °C am Tag und 10–13 °C in der Nacht. Frühjahr und Herbst sind ziemlich warm, die Sommer sehr warm bis heiss und extrem trocken. Tagsüber sind 34–38 °C zu erwarten, mit gelegentlichen Hitzeperioden von über 40 °C, nachts sinken die Werte meist nicht unter 25 °C. Die Luftfeuchtigkeit beträgt ganzjährig 30–55 %, Niederschlag gibt es praktisch nicht (0–3 Tage). Das Meer lädt mit rund 20–29 °C ganzjährig zum Baden ein.
Das Sinai-Gebirge stellt klimatisch gesehen in einer Hinsicht eine Besonderheit in Ägypten dar: Durch seine höheren Lagen fallen hier die Winter sehr kühl aus (12–15 °C am Tag, 0–5 °C in der Nacht). Frühjahr und Herbst sind dementsprechend etwas länger, die Sommer trotzdem sehr warm mit tagsüber meist 32 °C. In den Nächten fallen die Werte aber auf kühlere 15–18 °C. Im übrigen (Niederschlag, Luftfeuchtigkeit) bietet sich hier dasselbe Bild wie anderenorts auch: 1–3 Regentage im Jahr und 20–40 % Luftfeuchtigkeit.
Flora und Fauna
Die natürliche Vegetation ist wegen der geringen Niederschläge wie auch der intensiven agrarischen Nutzung des Niltals stark eingeschränkt. Die Wüste ist fast völlig vegetationslos, vereinzelt wachsen Tamarisken, Akazien und Dornsträucher, in der Wüstensteppe auch Hartgräser; entlang dem Nilufer gruppieren sich Nilakazien, Dattelpalmen, Maulbeerfeigen und Johannisbrotbäume sowie eingeführte Kasuarinen. Typisch für das Nildelta sind Lotuspflaumen, Bambusrohr und Schilfgewächse; die im Altertum hier kultivierten Papyrusstauden gibt es kaum noch.
Die Fauna Ägyptens ist reich an Wasservögeln im Deltabereich und am Nil (v. a. Reiher, Kraniche und Nilgänse); während der Wintermonate gesellen sich viele europäische Zugvögel hinzu. An Raub- und Aasvögeln sind Milane, Lämmergeier und Habichte heimisch. Zu den grösseren Säugetierarten des Landes gehören – neben den domestizierten Kamelen, Eseln, Schafen und Ziegen – Schakale, Hyänen, Fenneks, Wildkatzen und – in den Gebirgsregionen – Steinböcke. Die Wüste wird von Hasen, Springmäusen, mehreren Eidechsenarten, Skorpionen belebt. In den ländlichen Gebieten am Nil kommt die Ägyptische Kobra vor; am Nassersee leben noch einige Krokodile. Im Nil und in den Seen an der Deltaküste gibt es mehr als 190 verschiedene Fischarten.